Es brennt, juckt – und wenn dann gekratzt wird, können sich die kleinen Hautknötchen auch noch entzünden. Lichen, auch Hautflechte oder Knötchenflechte genannt, können nicht nur auf dem Kopf, den Armen, dem Rumpf und den Beinen auftreten, sondern auch an den Genitalien. Die Bezeichnung "Flechte" (lateinisch lichen) kommt von dem typischen Aussehen dieser chronischen Hautkrankheit (Dermatose):
- Knötchen bilden sich einzeln oder treten in dichten Gruppen auf. Deshalb wird Lichen oft auch als Knötchenflechte bezeichnet.
- Netzartige, weißliche Streifen ("Wickham-Streifen") überziehen die Hautoberfläche an den erkrankten Stellen.
Im Ganzen sieht das Erkrankungsbild ähnlich wie eine Flechte auf Baumrinden aus, daher die fachsprachliche Bezeichnung Lichen.
Lichen sclerosus & Co. – Anzeichen und Formen
Je nachdem, wo sich die Hautflechte bildet und welche Symptome auftreten, wird die Krankheit entsprechend bezeichnet und eingeteilt:
Lichen ruber planus: Diese häufigste Form der Hautflechte zeigt sich in flachen Papeln und durch Wickham-Streifen. Lichen ruber planus tritt vor allem in Hautfalten der Beugestellen auf, also in der Armbeuge, den Kniekehlen, den Handgelenken und den Fußsohlen.
Lichen ruber mucosa: Hier bilden sich die Knötchen an den Schleimhäuten von Mund, Genitalien oder Anus.
Lichen sclerosus: Dabei handelt es sich um eine seltene Bindegewebserkrankung, die vor allem an den Genitalien auftritt (Lichen sclerosus genitalis). Die Oberhaut verdickt sich, das Bindegewebe entzündet sich und wird dadurch dicker. Es bilden sich weiße Flecken. Im Laufe der Zeit verändert sich das Gewebe und kann schrumpfen. Schamlippen, Vagina und Harnröhrenausgang verengen sich.
Im Genitalbereich spielen also vor allem Lichen ruber mucosa und Lichen sclerosus eine Rolle.
Juckreiz als Hauptsymptom der Hautkrankheit
Neben den sichtbaren Anzeichen wie flachen Papeln, Knötchen und weißen Streifen ist vor allem der Juckreiz ausgeprägt. Weil die Haut der erkrankten Bereiche sehr empfindlich und dünn ist, führt Kratzen dort meist zu weiteren, schmerzhaften Entzündungen. Es bilden sich Narben, die Haut verdickt und zieht sich zusammen.
Etwa einer von hundert Mitteleuropäern hat Lichen. Allerdings kann der Verlauf so mild sein, dass keine Behandlung nötig ist. Wenn die Knötchenflechte jedoch an den Genitalien auftritt, kommt es meist zu den sehr quälenden Symptomen. Hier sind vor allem Frauen über 50 Jahren betroffen. Vermutlich spielen also auch Sexualhormone (Östrogene) eine Rolle bei der Entstehung der Dermatose in diesem Bereich.
Diagnose und Ursachen von Lichen im Genitalbereich
Warum sich Lichen bildet, ist jedoch bis heute noch nicht ganz geklärt. Vermutlich gibt es eine genetische Variante, die das Risiko für Hautflechten erhöht. Weil das Immunsystem falsch reagiert, Hautzellen und Bindegewebe angreift, gehört die Krankheit zu den Autoimmunerkrankungen. Die Krankheit verläuft chronisch und ist nicht ansteckend. Es wird in der Fachwelt diskutiert, ob Krankheitsschübe auch durch äußere Faktoren wie Stress und eine Infektion mit Borrelien ausgelöst werden könnten.
Der Arzt erkennt die verschiedenen Formen von Lichen nicht gleich auf den ersten Blick. Denn andere Hauterkrankungen, etwa Scheidenpilz oder Schuppenflechte, zeigen sich manchmal auf ähnliche Weise. Um sicher zu gehen, wird der Arzt deshalb eine winzige Hautprobe oder einen Abstrich nehmen, um die richtige Diagnose zu erhalten und damit die passende Behandlung einleiten zu können. Ansprechpartner bei Hautveränderungen im Genitalbereich sind der Gynäkologe oder der Hautarzt (Dermatologe).
Therapie von Lichen: Kortison und Alternativen
Zuerst die gute Nachricht: Oft heilt Lichen spontan von selbst ab und kommt auch nicht wieder. Das betrifft die Mehrzahl der Patienten. Für die anderen ist es jedoch ungünstig, dass die Ursache der Haut- und Bindegewebekrankheit bis heute nicht bekannt ist und deshalb nicht an der Wurzel bekämpft und geheilt werden kann.
Allerdings lassen sich eventuelle Auslöser wie Medikamente, Stress und Chemikalien vermeiden. Lichen kann in Folge abheilen, eine Garantie dafür gibt es allerdings nicht. Symptome wie Juckreiz und Entzündungen lassen sich mit Medikamenten lindern. Hier spielt vor allem Kortison eine Rolle – als Salbe, in ausgeprägten Fällen auch in Form von Tabletten oder Injektion in betroffene Bereiche.
Weil Kortison als Dauertherapie oft Nebenwirkungen hat – so wird die behandelte Haut nach und nach dünner – wurden weitere Therapieoptionen entwickelt. Salben mit den Wirkstoffen Pimecrolimus und Tacrolimus, beides natürliche Produkte bestimmter Bakterien, können den Entzündungsprozess unterdrücken und schädigen die Haut kaum. In einigen Studien hat sich auch Vitamin A bei Lichen bewährt.
Lichen sclerosus: Regelmäßige Hautkrebs-Untersuchungen
Da Untersuchungen gezeigt haben, dass Patienten mit Lichen sclerosus ein höheres Risiko für Hautkrebs haben (Plattenepithelkarzinom), sollten sie sich regelmäßig vom Hautarzt untersuchen lassen, auch wenn die Hautflechte abgeheilt ist.
Selbsthilfegruppen für den deutschsprachigen Raum finden Lichen-Betroffene hier.
Lichen ruber mucosa und Lichen sclerosus vorbeugen
Ebenso wie sich die Knötchenflechte nicht heilen lässt, weil die genauen Ursachen nicht bekannt sind, können Sie der Haut- und Bindegewebskrankheit auch nicht gezielt vorbeugen. Allerdings lassen sich durch bestimmte Maßnahmen neue Schübe abschwächen:
Tragen Sie keine Hosen und Unterwäsche, die den Genitalbereich reizen – also keine Stringtangas und zu enge Wäsche.
Waschen Sie den Intimbereich regelmäßig, sorgen Sie also für gute Hygiene. Benutzen Sie dazu jedoch nur seifenfreie, milde Reinigungsprodukte ohne Parfümstoffe. Sie müssen dem sauren pH-Wert des Intimbereichs nachempfunden sein, um die Scheidenflora nicht aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Benutzen Sie zur Hautpflege Salben mit Dexpanthenol, um Entzündungen vorzubeugen.
Verwenden Sie beim Geschlechtsverkehr Gleitmittel, damit die Scheidenhaut nicht unnötig gespannt und gereizt wird.
Gehen Sie regelmäßig zum Arzt, um ein Wiederauftreten des Lichen so rasch wie möglich zu erkennen, aber auch um Hautkrebs früh zu identifizieren.