Lippenherpes kennt fast jeder, der Großteil der Bevölkerung trägt die Viren in sich. Sein Bruder, der Genitalherpes, ist weniger bekannt - aber weit verbreitet. Jedes Jahr stecken sich weltweit über 20 Millionen Menschen neu mit Herpes genitalis an. Insgesamt seien über 500 Millionen Menschen auf der Welt infiziert, erklärte die Weltgesundheitsorganisation (WHO). In Deutschland, so schätzen Expert*innen, tragen rund 15 Prozent der Bevölkerung das Virus in sich, also mehr als zwölf Millionen Menschen.
Die meisten Menschen infizieren sich beim Sex mit Herpes
Genitalherpes wird durch das Herpes-simplex-Virus (HSV) verursacht. Das gibt es in zwei Varianten: Typ 2 (HSV-2) befällt vor allem Penis, Scheideneingang, Anus und Po, während Typ 1 (HSV-1) normalerweise Lippenherpes hervorruft. Doch bei schlechter Hygiene können sich Viren von Herpesbläschen am Mund auf die Genitalzone übertragen. Das geschehe durch Schmierinfektion, erklärt der Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte, Christian Albring: "Beispielsweise durch ungewaschene Hände oder oralen Geschlechtsverkehr." Gewöhnlich überträgt Genitalherpes sich jedoch bei vaginalem Sex.
Typisch: kleine Gruppen von schmerzhaften Bläschen
Es dauert einige Tage, manchmal sogar Wochen, bis sich Genitalherpes bemerkbar macht. Bei manchen Menschen verläuft die Infektion so schwach, dass sie sie gar nicht registrieren und das Virus unwissentlich weitergeben. Oft beginnt eine Infektion aber damit, dass die Haut kribbelt und juckt. Dann bilden sich schmerzhafte Bläschen, die mit heller, später eitriger Flüssigkeit gefüllt sind, und die oftmals kleine Grüppchen bilden. Schließlich platzen die Bläschen auf und nässen. Die Wunden verkrusten und verheilen im Laufe von zwei bis drei Wochen. Zusätzlich schwellen die Lymphknoten in der Umgebung an und schmerzen. Wenn jemand zum ersten Mal Genitalherpes bekommt, hat er oft sogar Fieber und fühlt sich insgesamt krank. Bis die Geschwüre abheilen, dauert es meist zwei bis drei Wochen.
Scheidenpilz als Komplikation von Herpes genitalis
Herpes genitalis ist unangenehm – und noch mehr: Gerade Frauen mit chronischem Scheidenpilz sollten auf der Hut vor einer Infektion sein. "Es besteht die Gefahr, dass sich eine zusätzlich Pilzinfektion aufpfropft", erklärt Gynäkologin Anja Oppelt. Durch den Herpes genitalis sei das Scheidenmilieu gestört und anfälliger. Auch bakterielle Infektionen können dann leichter Fuß fassen, berichtet die Expertin. Kritisch: Aufsteigende Bakterien können im schlimmsten Fall zu Unfruchtbarkeit führen.
Bereits beim ersten Kribbeln sollten Frauen daher unverzüglich eine*n Gynäkolog*in aufsuchen. Oppelt: "Je früher die Therapie beginnt, umso weniger langwierig und stark ist der Verlauf von Herpes genitalis." Zur Behandlung gibt es spezielle Salben und Tabletten, die die Viren am Vermehren hindern.
Herpesvirus bleibt ein Leben lang im Körper
Auch wenn keine Bläschen mehr zu sehen sind, ist die Sache nicht ausgestanden: Wer einmal an Herpes genitalis erkrankt, ist lebenslang Virusträger. Nach dem Abheilen der Geschwüre zieht das Virus sich in die Knotenpunkte der versorgenden Nerven zurück. Von hier aus kann es immer wieder in die Haut wandern und neue Krankheitsschübe auslösen. Dies geschieht oft, wenn das Immunsystem nicht intakt ist, beispielsweise durch Stress, Fieber oder anderen Erkrankungen. Auch während der Menstruation sind Frauen anfälliger. Menschen mit chronischen Erkrankungen wie einer HIV-Infektion, Krebskranke oder Menschen, die eine Organtransplantation hinter sich haben, sind besonders anfällig.
In den ersten Jahren nach der Ansteckung treten die Symptome meist sehr häufig und stark auf. Mit der Zeit nehmen sie ab. Heilbar ist Genitalherpes nicht. Die Hautbläschen lassen sich aber gut mit Salben und Tabletten behandeln. Diese hindern die Viren daran, sich zu vermehren.
Herpes: Lästig, aber meistens harmlos
Im Normalfall ist Genitalherpes nicht sehr gefährlich. Aber bei Menschen mit einer gestörten Immunabwehr kann das Virus das zentrale Nervensystem schädigen. Gleiches gilt für Babys, da deren Immunsystem noch nicht ausgereift ist. Bei Schwangeren mit einer akuten Herpes-genitalis-Infektion machen Ärzte*Ärztinnen daher meistens einen Kaiserschnitt, damit sich das Kind bei der Geburt nicht ansteckt.
Vorsicht, wenn die Geschwüre nässen
Wenn die Bläschen blühen und sich Geschwüre bilden, ist die Ansteckungsgefahr besonders groß. Aber auch in der symptomfreien Zeit kann ein*e Infizierte*r das Virus weitergeben. Dazu reichen kleine Verletzungen der Haut oder Schleimhaut. Kondome können vor einer Ansteckung schützen. Hundertprozentig sicher sind sie jedoch nicht, zumal sie nicht die ganze Intimzone abdecken. Mediziner*innen raten daher, bei einem Herpesausbruch vorsichtshalber auf Sex zu verzichten.